Ein Piratenschiff ...

Ein Piratenschiff, meine Freunde und ich

Was macht man mit einem Piratenschiff? Nein, falsch. Was man damit macht, weiß ich an sich schon. Aber was macht zu dritt mit einem riesigen Piratenschiff aus dem 18. Jahrhundert?
Wir sind keine Piraten, wir leben nicht in der entsprechenden Zeit und Ahnung von Navigation haben wir auch nicht. Wir sind drei ganz normale Schüler, die bei einer Ferienwanderung entlang der irischen Küste zufällig auf ein perfekt erhaltenes Piratenschiff gestoßen sind.
Hazu war natürlich sofort begeistert. Für sie ist das Leben eines Piraten ein Traum. Fehlte nur noch, dass ein waschechter Piratencaptain übers Deck marschierte.
Änn war erst mal misstrauisch. Verständlich. Wer lässt schon ein hervorragend intaktes Segelschiff in einer einsamen Bucht liegen?
Also war es an mir, zu entscheiden, wie immer. Ich tat es gerne, bevor sie sich wieder stritten.
„Wir können es ja mal angucken. Das kostet ja nichts", äußerte ich langsam.
Wie immer wählte ich den Mittelweg zwischen den Extremen Hazu und Änn. Und wie immer hatten die beiden nichts daran auszusetzen.
Also stiegen wir die Klippe zum strand hinunter und liefen zum Schiff.
Es war tatsächlich gut erhalten, obwohl deutlich zu sehen war, dass es schon etwas älter, um nicht zu sagen 300 Jahre alt war.
Niemand war zu sehen, als wir endlich aufs Deck geklettert waren. Vorsichtig durchsuchten wir das gesamte Schiff, aber es war komplett leer. Außer uns war keine Menschenseele an Bord. Es sah auch nicht so aus, als wäre das Schiff fluchtartig verlassen worden. Es schien nur auf uns drei gewartet zu haben.
Als wir nach unserem Rundgang wieder an Deck waren und etwas ratlos rumstanden, knarrte es hinter uns lautstark.
„Das ist ein Geisterschiff!", schrie Hazu ängstlich-erschrocken. Änn, unser Naturwissenschaftlerlein, widersprach sofort.
„Quatsch. So ein altes Schiff knarrt halt ab und zu."
„Von ganz alleine?"
Ich ließ sie streiten und ging leise zu der Stelle, die uns so erschreckt hatte. Als ich es sah, lachte ich laut auf.
„Hey, ihr zwei Streithähne. Kommt her und guckt euch an, was da so knarrt. Ihr streitet um eine Möwe!"
Die Möwe schien uns auszulachen, als Hazu und Änn zu mir kamen und mich grinsen sahen. Sie sahen sich an, dann die Möwe und fingen ebenfalls an zu lachen.
Es dauerte eine ganze Weile, bis wir uns wieder beruhigt hatten. Der Vogel war irgendwann zwischendrin laut meckernd weggeflogen. Jetzt hatten wir sie vertrieben, aber wir nahmen es hin. Sie würde schon wieder kommen, wenn ihr das Schiff gefiel.
Uns gefiel es jedenfalls und deshalb beratschlagten wir, was wir tun würden.
„Wir behalten es, ist doch klar", gab Hazu zum Besten.
„Wir können doch nicht einfach ein Schiff behalten. Das ist Diebstahl."
Zum dritten Mal an diesem Tag lag die Entscheidung bei mir.
„Weißt du, Änn", begann ich, „wir haben es gefunden. Und was man findet, darf man doch normalerweise behalten, oder nicht?"
„Wenn du meinst. Aber was machen wir damit? Wir gehen doch schließlich alle noch zur Schule."
„Weißt du Änn", begann Hazu in diesem streitlustigen Tonfall, „wie wäre es mit den Ferien? Und in der restlichen Zeit verstecken wir es hier. Hier kommt doch eh keiner vorbei."
Genau diesen Vorschlag hätte ich auch gemacht. Änn war einverstanden und so erklärten wir das Schiff zu unserem Eigentum.
Das Problem, wer Captain wurde, lösten wir relativ schnell, indem wir uns abwechseln wollten, jede Woche eine andere.
Ein viel größeres Problem war das des Namens. Am Bug stand nichts und wie immer waren Hazu und Änn unterschiedlicher Meinung. Hazu wollte einen richtigen Piratennamen, Änn wollte was wissenschaftliches. Erwartungsvoll sahen sie mich an, aber ich brauchte einen Moment zum Überlegen. Ein Piratenname wäre natürlich schon toll, aber ich wollte Änn nicht enttäuschen. Also brauchten wir eine Mischung.
„Wie wäre es mit … Humbolt's Revenge?"
Den Namen fanden beide gut und so war auch der Name beschlossene Sache.
Jetzt sind wir also die stolzen Besitzer eines ehrwürdigen Piratenschiffes. Die Frage ist nur, was macht man damit?